Meinung: Warum wir auf dezentrale soziale Medien umsteigen sollten

Die sozialen Medien haben in den letzten beiden Jahrzehnten unsere Kommunikationsweise und die Art, wie wir uns über Kontinente hinweg vernetzen, grundlegend verändert. Plattformen wie Twitter, Instagram, TikTok und Snapchat sind zentrale Bestandteile des digitalen Lebens vieler Menschen – hierzu zählen insbesondere auch unsere Kinder und Jugendlichen.
Die Plattformen ermöglichen eine schnelle und weltweite Kommunikation, den Austausch von Ideen und schaffen Räume für Kreativität und Selbstausdruck. Informationen sind jederzeit zugänglich und Unternehmen können neue Wege des Marketings und der Kundenbindung nutzen. Sowohl private als auch geschäftliche Netzwerke können in rasantem Tempo über Länder- und Kontinentgrenzen hinweg auf- und ausgebaut werden.
Dabei hat der Begriff „Social“ aber wenig mit „sozialem Verhalten“ im herkömmlichen Sinne zu tun. In seiner ursprünglichen Bedeutung bezeichnet er „eine Vision des Internets als interaktiven Raum, in dem Nutzer miteinander kommunizieren und interagieren können“ (Darrell Berry, 1994).
Heute ist jedoch oft das Gegenteil der Fall: Das Verhalten in den „sozialen Medien“ zeigt sich mitunter als zutiefst „antisozial“.
Dies erweist sich als besonders schwierig, da die oben genannten Big Player auf dem Social-Media-Markt in den Händen einiger weniger Konzerne liegen.
Unternehmen wie „Meta“ (Instagram, Facebook, Threads, WhatsApp) von Mark Zuckerberg in den USA oder ByteDance (TikTok) in China bestimmen, welche Inhalte auf ihren Plattformen verstärkt werden und welche Regeln gelten. Damit beeinflussen sie den gesellschaftlichen Diskurs immens.
Ihre Algorithmen priorisieren oft kontroverse oder polarisierende Inhalte, da diese mehr Interaktionen erzeugen. Dieser Mechanismus begünstigt die Verbreitung von Fake News und Hassrede immer mehr. Wenn Mark Zuckerberg – wie direkt nach der Amtseinführung Donald Trumps geschehen – die Suche nach den Hashtags #Democracy (Demokratie) und #Abortion (Abtreibung) technisch unterbindet, ist dies höchst demokratiegefährdend.
Gleichzeitig kündigte Zuckerberg an, den Faktencheck von Instagram und Threads (ein Kurznachrichtendienst) – wenn auch zunächst nur in den Vereinigten Staaten – unter dem Deckmantel der „Meinungsfreiheit“ abzuschaffen. Dies erschwert die Kontrolle über die Verbreitung von Desinformation, Hassrede und (sexualisierter) Gewalt weiter.
Angesichts der wachsenden Bedeutung von Demokratiebildung und der zunehmenden Verbreitung von Fake News und Gewalt ist es an der Zeit, über Alternativen nachzudenken. Offene Alternativen, deren Ziele nicht in erster Linie Monetarisierung und Meinungsbeeinflussung sind. Alternativen, die nicht in den Händen weniger „Tech-Giganten“ liegen.
Dezentrale Netzwerke wie das Fediverse mit den Plattformen Mastodon und PixelFed bieten eine solche Alternative. Sie basieren auf dem offenen Protokoll Activity Pub und werden nicht von einem einzigen Unternehmen kontrolliert. Jeder kann eigene Server/Instanzen betreiben, die wiederum untereinander kommunizieren können (Föderation) und deren „User” weltweit miteinander vernetzen.
Die Regeln einer Instanz bestimmt deren Betreiber. Dadurch wird die „Macht” über Inhalte und Daten auf viele Schultern verteilt. Wenn einem die Regeln eines Servers nicht gefallen, kann man seinen Account einfach auf einen anderen umziehen und unterliegt dann den dortigen Regeln. Diese Möglichkeit besteht bei zentralisierten Plattformen schlichtweg nicht.
PixelFed ist eine dezentrale Alternative zu Instagram, die es ermöglicht, Fotos zu teilen, ohne sich den kommerziellen Interessen eines Konzerns zu beugen.
Viele Firmen, öffentliche Einrichtungen, Journalist:innen, Politiker:innen und Medienhäuser haben diesen Weg bereits eingeschlagen und sich von X, Instagram und Co. verabschiedet.
Die reflektierte Nutzung solcher Medien kann dabei helfen, Kindern und Jugendlichen für die Risiken zentralisierter Plattformen zu sensibilisieren. Sie können lernen, wie Algorithmen wirken und welche Gefahren von unkontrollierter Desinformation ausgehen. Dezentrale Medien fördern zudem ein Bewusstsein für Datenschutz und digitale Selbstbestimmung, was essentielle Kompetenzen für eine mündige Gesellschaft sind - heute mehr denn je.
Es ist an der Zeit, einen Paradigmenwechsel in der Nutzung sozialer Medien einzuleiten. Dezentrale Plattformen wie Mastodon und PixelFed bieten mehr Kontrolle und die Chance, digitale Diskurse wieder fairer und demokratischer zu gestalten. Als Eltern, Lehrkräfte, Vereine und öffenliche Einrichtungen haben wir eine besondere Verantwortung, diesen Wandel aktiv mitzugestalten.